Landtagspräsident präsentiert in Verdun Schwerpunkte der IPR-Präsidentschaft
„Verdun ist eine besondere Erinnerungsstätte im kollektiven Bewusstsein Europas und der Großregion“, sagte Hering. „Sie ist ein Symbol der Transformation von Erzfeindschaft zu Erzfreundschaft zwischen Deutschland und Frankreich. So konnte die europäische Idee einer dauerhaften Friedensgemeinschaft nach den beiden grausamen Weltkriegen überhaupt erst gedacht werden“.
Themenschwerpunkt: grenzüberschreitende Erinnerungskultur
Dem Landtag Rheinland-Pfalz sei es in den nächsten zwei Jahren der IPR-Präsidentschaft ein Herzensanliegen, die grenzüberschreitende Erinnerungskultur und Gedenkarbeit voranzubringen. Vergangenen Freitag, am Holocaust-Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, habe die Gedenkveranstaltung des Landtags erstmals gemeinsam mit den Nachbarinnen und Nachbarn aus Luxemburg, Belgien und Frankreich stattgefunden – in der Konstantinbasilika in Trier. Dort hätten die Nachkommen ehemaliger Zeitzeugen offen und schonungslos über das Leiden in ihren Familien berichtet und dabei gleichzeitig das Verbindende und Versöhnende betont. „Sie haben uns damit einen Weg der Verständigung und des Friedens aufgezeigt“, sagte der Landtagspräsident. „Unsere Großregion verbindet eben nicht nur die zukunftsweisende Zusammenarbeit. Uns verbindet auch eine gemeinsame Vergangenheit“. Dieser Erinnerungsprozess sei die Grundlage dafür, dass Demokratie und internationale Verständigung überhaupt gelingen können. Hering betonte, dass die Hoffnung dabei vor allem auf den jungen Menschen in der Großregion ruhe: „Gerade sie müssen wir für demokratische Werte sensibilisieren und begeistern“.
Projekte im Rahmen der IPR-Präsidentschaft
Der Landtag Rheinland-Pfalz engagiere sich mit eigenen Projekten zur Erinnerungskultur und Demokratiebildung. So befasse sich ein aktuelles Forschungsprojekt der Universität Koblenz im Auftrag des Landtags mit der Aufarbeitung von Familiennarrativen in der dritten und vierten Generation nach dem Nationalsozialismus. Das Forschungsprojekt über einheimische und migrantische Familiengeschichten und ihr Verhältnis zur NS-Zeit solle das Geschichtsbewusstsein stärken und politische Bildung fördern. Des Weiteren plane der Landtag 2024 eine Fachtagung, um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Erinnerns in der Großregion auch aus wissenschaftlicher Sicht zu beleuchten und praxisnahe Antworten zu geben. Es gehe dabei nicht nur darum, mit Mut und Empathie den Blick zurück zu werfen. Denn Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus seien heute wieder salonfähig geworden. „Und das vielleicht Erschreckendste dabei ist, dass sie sich in neuem Gewand präsentieren: nicht grölend laut und provozierend, sondern oft unterschwellig und chiffriert. Hier müssen wir sehr genau hinsehen und hinhören – und vor allem: Unser Rechtsstaat muss auf diese neuen Tendenzen vorbereitet sein. Denn Rassismus ist keine Privatangelegenheit, sondern eine echte Gefahr für unsere demokratische Gesellschaft“, sagte der Landtagspräsident.
Bewährte Zusammenarbeit der Teilregionen
Die enge Zusammenarbeit der Regionen sei in der aktuellen politischen Situation in Europa besonders wichtig. „Im Angesicht von Krieg und Klimakrise können wir dabei auf die enge und bewährte Zusammenarbeit unserer Teilregionen vertrauen. Deshalb ist es für uns als Grenzraum im Herzen Europas wichtig, gemeinsam Impulse in all diesen aktuellen Themenfeldern zu setzen. Dies gelingt dank einer engen Zusammenarbeit zwischen Gipfel und IPR“, sagte Hering.
Gemeinsamer Katastrophenschutz
Aus Sicht des IPR sei die Zusammenarbeit im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz in der Großregion besonders bedeutend. Hering sagte, die rheinland-pfälzischen Bürgerinnen und Bürger hätten die Unterstützung der gesamten Großregion bei der Naturkatastrophe im Ahrtal als ein sehr wichtiges Zeichen der Solidarität wahrgenommen. Die Zusammenarbeit in dieser Zeit habe gezeigt, dass Europa besonders in den unmittelbaren Grenzräumen lebt. Ebenso wichtig sei die Zusammenarbeit in der Großregion bei der Energiekrise als Folge des russischen Angriffskriegs sowie beim Fachkräfteaustausch.
Neue Flagge der Großregion
Beim Treffen des Gipfels der Exekutiven der Großregion wurde die neue Flagge der Großregion präsentiert. Die französische Gipfelpräsidentschaft der letzten beiden Jahre hatte die Neugestaltung des Corporate Designs der Großregion umgesetzt.
Hintergrund: Interregionaler Parlamentarierrat (IPR)
Der IPR wurde im Jahr 1986 gegründet. Der IPR ist eine beratende parlamentarische Versammlung der Großregion, die Empfehlungen formuliert. Die Großregion besteht aus dem Saarland, Rheinland-Pfalz, der französischen Region Grand Est, Luxemburg, der Fédération Wallonie-Bruxelles, der Wallonie und der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens. Der IPR wird gebildet aus Präsidentinnen und Präsidenten sowie Vertreterinnen und Vertretern der regionalen Parlamente der Teilregionen. Zweimal jährlich finden Plenarsitzungen des IPR statt. Die IPR-Mitglieder teilen sich in sechs thematische Kommissionen ein und erarbeiten dort gemeinsame Empfehlungen für die regionalen Parlamente.
Am 30. Juni 2023 und am 08. Dezember 2023 finden die Plenarsitzungen des IPR in Rheinland-Pfalz statt.
Aufgaben des IPR sind:
- Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rolle der Großregion durch eine enge grenzüberschreitende Zusammenarbeit
- Entwicklung von Perspektiven der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei Themen im Zuständigkeitsbereich der einzelnen Regionen
- Begleitung der Aktivitäten des Gipfels der Exekutiven
Hintergrund: Gipfel der Exekutiven der Großregion
Seit 1995 vereint der Gipfel der Großregion die Vertreterinnen und Vertreter der amtierenden Exekutive der Partnerregionen. Der Gipfel steht an oberster Stelle der institutionellen Kooperation in der Großregion und steuert dessen Gesamtstrategie.