Wie gelingt Wiederaufbau und Bauen in Zeiten des Klimawandels?

Die Enquete-Kommission (EK) „Zukunftsstrategien zur Katastrophenvorsorge“ des Landtags hat in ihrer Sitzung am 14. März 2023 zwei Anhörungen ausgewertet. Zentrale Themen waren dabei kritische Infrastruktur und Wiederaufbau sowie eine klimawandelangepasste Flächen- und Raumplanung.

Christoph Spies (SPD) betonte, dass der gelungene Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe im Ahrtal nicht den Status Quo wiederherstelle, sondern sich an zukunftsfesten Strukturen und kommenden Herausforderungen orientiere. Zudem bestehe bereits eine passende Basis für Prävention und Bewältigung von extremen Wetterereignissen. Jedoch müsse teilweise der Daten- und Planungsrahmen angepasst werden. Weiter stellte er fest, dass Prävention mit dem Detailwissen vor Ort und über kommunale Grenzen hinaus geregelt werden müsse. Politik müsse für einen zukunftsträchtigen Wiederaufbau Rahmenbedingungen schaffen, beispielsweise wie in Rheinland-Pfalz unter anderem durch Ausschreibungs-Erleichterungen.  Zum Thema klimawandelangepasste Flächen- und Raumplanung bestehe laut den Experten kein neuer gesetzlicher Regelungsbedarf, so Spies. Die zielgerichtete Nutzung der bestehenden Regelungen im Baugesetzbuch müsse jedoch verstärkt werden.

Gerd Schreiner (CDU) wies darauf hin, dass bereits ein Rechtsrahmen für den Bereich Bau- und Wiederaufbau kritischer Infrastrukturen bestehe. Dieser sei jedoch ausbaufähig. Dafür müsse sich ein „strukturiertes Hinsehen“ etablieren und Rechtsverordnungen kontinuierlich geprüft werden. Schreiner sagte, dass vor dem Hintergrund des Klimawandels mehr in die Zukunft geschaut und verstärkt in Szenarien gedacht werden müsse. Er stellte fest, dass Anpassungen im Bereich der Katastrophenvorsorge zwar kosteneffizient sein könnten, jedoch nicht kostengünstig. Schreiner bemerkte, dass im Bereich der klimawandelangepassten Flächen- und Raumplanung gesetzliche Regelungen auf Bundesebene bestünden und sich nun die Frage stelle, ob diese, wie bereits in Sachsen, landesgesetzlich angepasst werden müssten.

Die Vorsitzende der Enquete-Kommission, Lea Heidbreder (Bündnis 90/Die Grünen), erklärte, eine wichtige Leitidee aus den beiden Anhörungen und aus der Flutkatastrophe im Ahrtal sei, das für unmöglich Gehaltene in der Vorsorge und im Katastrophenschutz künftig mitzudenken. In Zeiten der globalen Klimaerhitzung reiche es nicht aus, die Vorsorge ausschließlich auf Erfahrungswerte aus der jüngeren Vergangenheit zu stützen. Generell solle der Schutz vor Extremereignissen eine stärkere Gewichtung in der Bauleitplanung erhalten. Zudem sei etwa ein verpflichtender Fachbeitrag in den Stellungnahmen oder die Einführung eines Klimafaktors vorstellbar.

Jan Bollinger (AfD) betonte, dass es beim Thema Wiederaufbau wichtig sei, besser aufzubauen als es zuvor war und in breiter Weise Zukunftsvorsorge zu leisten. Dabei solle dafür gesorgt werden, dass Gefahrenbereiche freigehalten werden. Zum Thema Risikobewertung griff er auf, dass das Thema Entflechtung unter dem Gesichtspunkt des Katastrophenschutzes und der Versorgung kritischer Infrastruktur betrachtet werden solle, da kleine Organisationseinheiten weniger widerstandsfähig seien als große.

Marco Weber (FDP) wies darauf hin, dass zwar Wiederaufbau stattfinde, mancherorts jedoch teilweise ohne ausreichenden Wasserschutz sowie direkt an gleicher Stelle. Teilweise gebe es bereits Instrumente, bei Hochwasserschutzkonzepten die Akteure vor Ort mit einzubeziehen. Er hoffe auf weitere Erkenntnisse und Umsetzungstechniken in Bezug auf das Thema Hochwasserrückhaltung beim Vor-Ort-Termin der EK im April.

Der Fraktionsvorsitzende der FREIEN WÄHLER, Joachim Streit, wies darauf hin, dass sich bei dem Vor-Ort-Termin gezeigt habe, dass kritische Infrastrukturen nicht in mögliche Überschwemmungsgebiete gebaut werden dürften. Zudem sei im Hinblick auf die sozialen und technischen Infrastrukturen im ländlichen Raum die bisherige bundesweite Definition für kritische Infrastrukturen, die erst ab einer Einwohnerzahl von 500.000 betrachtet wird, zu überdenken.

Umweltstaatssekretär Erwin Manz ging auf die Verstetigung der örtlichen Hochwasser- und Starkregen-Vorsorgekonzepte ein. Dabei berichtete er, wie für die Vorsorgekonzepte mehr Verbindlichkeit erreicht werden könne. Bisher sei die Erstellung freiwillig und die daraus resultierenden Maßnahmenlisten seien nicht verbindlich. Ab sofort werde die Wasserwirtschaftsverwaltung die Veröffentlichung der Konzepte als Pflichtbestandteil in der Leistungsbeschreibung vorsehen. Bei den Konzepten gehe es um die Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger und die Bildung eines kontinuierlichen Hochwassermanagements auf allen Ebenen.

Die Enquete-Kommission kommt das nächste Mal am 18. April 2023 zu einem Vor-Ort Termin im Ahrtal zusammen.